
Reisedaten eingeben und passende Unterkünfte und Angebote erhalten
„Ein leidenschaftliches Aufbäumen der Erde, wolkenhemmend und sturmspaltend, eine dräuende Gebärde des Gebirges gegen den Himmel“.
So beschreibt der Schriftsteller Hans Watzlik in seiner Erzählung „Im Ring des Ossers“ den markantesten Berg des Bayerischen Waldes mit seinen beiden Gipfeln. Kaum ein anderer hat eine schönere Silhouette als der Kleine Osser. Aus Glimmer, roten Granaten und Quarz bestehend, ragt er 1266 Meter empor und verdeckt sein nördlich gelegenes mit 1293 Metern etwas höheres Pendant. Von hier verläuft der Grenzkamm des Künischen Gebirges zum Zwercheck. Die Entstehung des Gebirges geht zurück in ferne, vorgeschichtliche Zeit, und es verwundert daher nicht, wenn sich Sagen, wie die des Osserriesen, um den Berg ranken.
Woher der Name Osser kommt, ist nicht ganz geklärt. Die Tschechen nennen den Grenzberg mit seinen zwei markanten Gipfeln Ostry aber auch Prsa Matky Bozi - Brüste der Mutter Gottes. Für die Menschen im Lamer Winkel ist es ihr Hausberg und sehr viele verbinden mit ihm nichts weniger als das Gefühl von Heimat.
Bild links: das erste Schutzhaus - errichtet im Jahr 1897
Bild Mitte: alte Zeichnung mit der Burg am Osser
Bild rechts: Osserschutzhaus im Jahr 1898
Die Burg auf dem Osser - gab es sie wirklich?
Zu den erwähnten Sagen gehört auch jene von den Burgen auf dem Osser. Geschichtliche Erkenntnisse liegen allerdings nur über eine Burg auf dem „Obser“ vor. Sie ist auf der ältesten bayerischen Landkarte, der Grenzkarte von 1514, zu sehen und auf dem Gelände des heutigen Schutzhauses zu vermuten. Die genaue Ausdehnung der, sicherlich nicht sehr umfangreichen, Anlage lässt sich heute im Gelände nicht mehr erkennen. Es ist auch unklar, ob der Zugang aus Richtung Lohberg, Lam oder aus Böhmen erfolgte. Ebenso fehlen auch Hinweise auf die einstige Bebauung. Die einzige Ansicht auf der Grenzkarte zeigt einen Turm und einen Anbau. Diese Darstellung darf aber nach Einschätzung des fundierten Kenners der Heimatgeschichte, Dr. Hans Aschenbrenner, nicht überbewertet werden.
Etwa seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhundert gehörten riesige Waldungen von der Donau bis zur böhmischen Grenze den Grafen von Bogen, einem damals mächtigen Herrschergeschlecht. Albert III. begann 1193 mit dem Bau von Burgen in diesem Grenzraum auf dem Hohenbogen, in Lichtenegg und wahrscheinlich auch auf dem Osser, um sein Herrschaftsgebiet abzusichern. Einige Keramikfunde auf dem Osser aus dem 12. Jahrhundert stützen diese Einschätzung. Damals, als Friedrich Barbarossa Kaiser war, entstanden unter den Markgrafen von Cham und den Grafen von Bogen zahlreiche Burgen auf den Bergen in unserem Raum. Es waren vor allem gegenseitige Machtdemonstrationen. Sicherlich waren es noch einfache Bauten, von denen einzelne bald wieder dem Verfall preisgegeben wurden.
Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, dass es sich bei der Burg auf dem Osser um eine Wohnburg handelte, die hoch über einem Waldgebiet stand, das weit und breit ein Urwald war. Lam wird erstmals 1279 in einer Urkunde erwähnt, als Ort „zwischen Ozzer, Adwich und Dwerheke“ (Osser, Arber und Zwercheck), also nahezu hundert Jahre nach dem vermuteten Burgbau. Es kann auch ausgeschlossen werden, dass es sich um eine Fluchtburg handelte. Es gab damals im weiten Umkreis keine Menschen, die dort Unterschlupf in Gefahrenzeiten hätten suchen müssen.
Bild links: das Osserschutzhaus im Jahr 1933
Bild Mitte: das Schutzhaus im Jahr 1968
Bild rechts: Osserschutzhaus mit dem Küchenanbau
Das Osserschutzhaus
Die Geschichte des Osserschutzhauses beginnt erst über 200 Jahre später. 1883 gründete Anton Niederleuthner den Bayerischen Waldverein. Seine Ziele waren die Erschließung des Bayerischen Waldes als Wander- und Urlaubsgebiet, die Schaffung eines dichten Wanderwegenetzes mit Anbindung an den Böhmerwald, sowie die Errichtung von Schutzhäusern.
Nachdem die Sektion Lam-Lohberg 1884 gegründet war, stand schon im folgenden Jahr eine erste Schutzhütte auf dem „Großen Osser“, zu der der Hauptverein einen Zuschuss von 150 Mark gewährte. Wegen des großen Andrangs entschloss sich die Lamer Sektion eine größere Hütte zu bauen, die am 15. August 1897 schließlich feierlich eröffnet wurde. Der Kostenvoranschlag von 900 Mark wurde um 200 Mark überschritten. Das Osserschutzhaus so, wie wir es heute kennen, mit mehreren Gasträumen und Übernachtungsmöglichkeiten, empfängt Wanderer seit 1932. Allerdings wurde es nach dem Krieg da und dort erneuert, und es bekam den Namen „Willmannhaus“. Der Vorsitzende der Sektion Lam im Bayerischer Wald-Verein und Lambacher Gutsbesitzer, Albert Willmann, schenkte 1962 den Ossergipfel mit dem Grund, auf dem das Schutzhaus steht, seiner Heimatsektion. Ein gut erhaltenes Hüttenbuch mit vielen interessanten und amüsanten Einträgen belegt die Verbundenheit der Einheimischen mit ihrem Hausberg.
Nach der Grenzöffnung wurden die gastronomischen und hygienischen Anlagen mit einem hohen finanziellen Aufwand auf einen neuen Stand gebracht. Wegen der vorbildlichen Ver- und Entsorgung des Schutzhauses und der Energiegewinnung erhielt die Sektion Lam 2008 den „E.O.N Bayern-Naturschutzpreis“, dotiert mit 20.000 Euro. Der Verein investiert bis heute erhebliche Mittel, um das Gebäude technisch und energetisch den Anforderungen der Zeit anzupassen.
Seit 1897 empfingen neun Wirtsleute mit großer Gastfreundschaft die Besucher im Osserschutzhaus. Seit April 2019 sorgen Georg und Claudia Hatzinger für das Wohl der Gäste.
Bild links: das Osserschutzhaus heute
Bild rechts: der Osserwirt Georg Hatzinger