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Über das Künische Gebirge gewandert

Von Lam über den Osser in die künische Gemeinde Hamry

Eschlkam, 10.07.2019
Etliche Höhenmeter mussten die 25 Wanderer bei der Wanderung über das Künische Gebirge - dem Grenzgebirge zwischen Bayerischer Wald und Böhmerwald - im Rahmen des Eschlkamer Wanderprogramms zurücklegen, die aber keiner der Teilnehmer bereute. Von Lam aus wurde zuerst der Osser bezwungen und dann ging es abwärts in die Künische Gemeinde Hamry (Hammern). Die Voraussetzungen waren optimal. Bestes Wetter mit angenehmen Temperaturen und herrlichen Ausblicken machten diese Wanderung zu einem Erlebnis. Die Wanderfreunde folgten auf den Spuren der Künischen Freibauern und deren Geschichte, die jahrhundertelang andauerte.

Die Eschlkamer Wanderführer Josef Altmann und Martin Daiminger hatten mit Anette Lafaire und Franz Seilbeck vom Naturpark Oberer Bayerischer Wald auch Verstärkung dabei und schon beim ersten Stop oberhalb der Lamer Jungendherberge war der Blick hinunter nach Lam sowie auf den Arber mit seinem Höhenzug ein malerischer Ausblick. Das Gebiet zwischen Arber, Zwercheck und Osser schenkte im Jahre 1279 der Bischof Heinrich II von Regensburg dem Kloster Rott am Inn. Lam wurde bereits 1322 zur selbständigen Pfarrei und somit zum Hauptort des Rodungslandes erhoben. Land - und Forstwirtschaft prägten das Leben im Lamer Winkel, bis im 15. Jahrhundert eine Bergbautradition begann, die bis in die jüngste Vergangenheit andauerte. An die gläserne Vergangenheit des Lamer Winkels erinnern Ortsnamen wie Schmelz oder Engelshütt, die Glasstraße und der Gläserne Steig, so eine kurze geschichtliche Einführung von Josef Altmann. Zügig bergan ging es weiter bis zum Wallfahrtskirchlein Maria Hilf. Wie bei vielen Wallfahrtskirchen erzählt auch hier eine Sage von der Entstehung. Danach soll das Gandenbild vor vielen Jahren an einem Baum gehangen sein. Ein vorübergehender Holzhauer habe es verspottet und geschändet und sei plötzlich in Not
geraten. Er habe seine Tat bereut und darauf sei ihm Hilfe zuteil geworden. Zur Sühne gelobte er eine Kapelle zu errichten.

Auf dem weiteren Weg zum Osser informierte Anette Lafaire über den Fingerhut, der auch in diesem Streckenabschnitt wächst und eine sehr auffällige Pflanze ist. Trotz seiner starken Giftigkeit werden die Wirkstoffe des Fingerhutes weltweit von Ärzten gegen Herzschwäche verordnet. Ebenso erwähnte sie den Glimmerschiefer am Osser, der aus tonigen Ablagerungen während der Gebirgsbildung unter hohen Temperatur im Erdinnern umgewandelt wurde und entstanden ist. Vom Sattel aus mussten noch die letzten Höhenmeter bis zum Osser bezwungen werden. Die Wegstrecke führte über den Kleinen Osser, wo sich ein gigantischer Blick in den gesamten Lamer Winkel eröffnete. Vorbei an der Künischen Grenzkapelle mit einem kurzen Halt, erfolgte der letzte Aufstieg zum Großen Osser, der auch als der König des Künischen Gebirges bezeichnet wird. Auch hier musste man immer wieder stehen bleiben, um die atemberaubenden Rundumblicke auf eine wunderbare Landschaft genießen zu können. Das Osserschutzhaus bot wie immer eine ausgezeichnete Einkehr und nachdem sich alle gestärkt hatten, erfolgte der Grenzübertritt auf dem künischen Grenzweg in das Land der Künischen Freibauern. Auf dem Wanderweg in Richtung Hammern wurde im Mai 2015 ein Lehrpfad mit insgesamt 13 Tafeln errichtet, der über die Geschichte des Künischen Gebirges informiert. Möglicherweise wurden schon im 11. Jahrhundert die Künischen Freibauern angesiedelt, die dem König und Kaiser untertan waren. Sie kultivierten die Wildnis und sicherten die Grenzen. Als freie Bauern hatten sie eine Reihe von Privilegien: sie waren keine Leibeigenen und durften eigene Gerichte abhalten. Seit 1617 bestand dieses Gebiet aus insgesamt acht Gerichten, darunter auch Hammern, wo der Weg hinführte. Ihr Wahlspruch lautete: "Niemals Herr und niemals Knecht, das ist künisch Bauernrecht!" Im Zuge der allgemeinen Bauern-Emanzipationen des 19. Jahrhundert wurden ihre Privilegien überflüssig und aufgehoben.

Entlang der Wanderstrecke konnten die Wanderer noch Relikte aus der früheren Zeit erkennen, so einige moosüberwuchende Ruinen von alten Bauernhöfen aus der Vergangenheit oder auch die Schneise, wo die ehemaligen Grenzsicherungsanlagen verlaufen sind. Nach insgesamt rund fünfstündiger Gehzeit wurde Hammern erreicht. Die Ortschaft, die vor der Vertreibung der deutschen Bevölkerung im Jahre 1945 noch fast 1500 Einwohner hatte, verlor dann später die Selbstständigkeit.

Seit 1992 ist Hamry wieder eine eigenständige Gemeinde mit 130 Einwohner und eigenem Bürgermeister und hat ihre Ruhe und ihren Scharm von alten Zeiten zurückerhalten. Einen Blick warfen die Wanderfreunde noch in die wunderbar renovierte Kirche der Schmerzhaften Muttergottes, die in den Jahren 1773 bis 1774 erbaut wurde und jetzt wieder ein Schmuckstück geworden ist. Mit dem Sumava-Wanderbus wurde pünktlich wieder die Heimreise angetreten.